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Die Trennung von Amt und Mandat

Ein weiteres Kapitel aus der Serie „Falsche Begriffe und Zahlen“

13. Kapitel


Hinweis:
Dieses 13. Kapitel ist eng verknüpft mit dem Kapitel 10 „Das Wahlrecht“ (33 Seiten) und mit dem Kapitel 15 „Gewaltenteilung“ (5 Seiten).


Gliederung

Vorbemerkungen
1.
Begriffliche Klärung
1.1 Der Begriff „Amt“
1.2 Der Begriff „Mandat“
1.3 Die „Trennung von Amt und Mandat“
1.4 Die Satzung der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“

2. Eigene Bewertung:


 

Ausführungen

Vorbemerkungen
Bei der Diskussion des Themas „Trennung von Amt und Mandat“ geht es um ein politisch brisantes Thema.
Besonders bei der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ ist dieses Thema immer wieder aktuell. Das wohl spektakulärste Ereignis war der Verstoß der Parteispitzen Fritz Kuhn und Claudia Roth in einer dramatischen Nachtsitzung im Dezember 2002.
Obwohl fast alle Delegierten mit den Leistungen der  Parteispitze zufrieden waren, wurden sie in die Wüste geschickt.
Gewählt wurden dann die Verteidigungsexpertin Angelika Beer und der bisherige Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer als neue Parteispitze.
(Quelle: „Grüne verstoßen Parteispitze“ Handelsblatt vom 09.12.2002)


Worum geht es bei dieser Diskussion überhaupt?


1. Begriffliche Klärung:
Es gibt eine in der Öffentlich stark beachtete Forderung der Partei Bündnis 90/Die Grünen mit der strikten „Trennung von Amt und Mandat“!
Praktisch wird jährlich darüber gestritten und diskutiert.
Einige Landesverbände haben dieses heilige Prinzip bereits gestrichen.

Worum geht es überhaupt bei der „Trennung von Amt und Mandat?
Die Verfechter dieser Regelung der „Trennung von Amt und Mandat“ wollen eine Ämterhäufung und eine Machtkonzentration - wie in anderen Parteien üblich- verhindern.

1.1 Der Begriff „Amt“
Schauen wir uns die Sache einmal näher an:
Der Begriff „Amt“ kommt aus dem Verwaltungsrecht und benennt einen auf Dauer bestimmten Aufgabenkreis im Dienste anderer. Man unterscheidet private und öffentliche Ämter, je nachdem, ob es sich um Geschäfte privater oder öffentlicher Einrichtungen handelt.
(Quelle: „Amt“ (c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001)


1.2 Der Begriff „Mandat“
Der Begriff „Mandat“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet soviel wie Auftrag oder Weisung. Er ist Bestandteil des römischen Rechts und beinhaltet einen Auftrag, der einem Vertrag entspricht, aufgrund dessen der Beauftragte (Mandatar) es übernimmt, ein ihm vom Auftrageber (Mandant) übertragenes Geschäft für diesen unentgeltlich auszuführen.

(Quelle: „Mandat“
(c) Bibliographisches Institut & F. A. Brockhaus AG, 2001)


1.3 Die Trennung von Amt und Mandat
Bei der Forderung nach „Trennung von Amt und Mandat“ geht es bei dem Begriff „Amt“ um ein Amt der Partei - also um ein Parteiamt!
Bei der Forderung nach „Trennung von Amt und Mandat“ geht es bei dem Begriff „Mandat“ um einen Auftrag des Wählers als Abgeordneter - also um ein öffentliches Mandat!

Da dieses Problem bei anderen Parteien offensichtlich nicht dieselbe große Rolle spielt, findet man die entsprechenden einschlägigen Regelungen nicht im Grundgesetz oder im Parteiengesetz sondern in den Satzungen der Parteien.

1.4 Die Satzung der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“
Die Satzung der Partei „Bündnis 90/Die Grünen“ schreibt in § 14 Absatz 4 (?) vor:

         „Die Mitglieder des Bundesvorstands dürfen nicht Regierungsmitglieder und Mitglieder des Bundestages und Mitglieder der
         Europäischen Kommission sein.“

Es geht hier (nach § 14 der Satzung dieser Partei) nur um die konsequente Unvereinbarkeit von einem Parteiamt (genauer: Mitglied des Bundesvorstandes der Partei) mit einem öffentlichem Mandat z.B. als Abgeordneter (oder als Mitglied der Regierung oder als Mitglied der Europäischen Kommission)!

Man kann also drei Aussagen machen, die alle in dem Paragrafen 14 enthalten sind:
Wer Mitglied des Bundesvorstandes ist, darf nicht gleichzeitig
       o Regierungsmitglied (Minister oder Staatssekretär) sein.
       o Abgeordneter der Deutschen Bundestages sein
       o Mitglied der Europäischen Kommission sein.

Man kann jede Aussage auch anders herum formulieren:
       1. Wer ein Regierungsmitglied (Minister oder Staatssekretär) ist, kann nicht gleichzeitig
           Mitglied des Bundesvorstandes der Partei sein.
       2. Wer Abgeordneter des Deutschen Bundestages ist, kann nicht gleichzeitig
           Mitglied des Bundesvorstandes der Partei sein.
       3. Wer Mitglied de Europäischen Kommission ist, kann nicht gleichzeitig
           Mitglied des Bundesvorstandes der Partei sein.

Die Verfechter dieser Regelung der „Trennung von Amt und Mandat“ wollen eine Ämterhäufung und eine Machtkonzentration - wie in anderen Parteien üblich - verhindern.

Eine Satzungsänderung der Partei ist nur mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit möglich!
Auch einer Ausnahmenregelung, die die Parteispitzen Fritz Kuhn und Claudia Roth anstrebten, wurde nicht genehmigt. Sie wurde um acht Stimmen verfehlt.
Schließlich wurden der bisherige Bundesgeschäftsführer Reinhard Bütikofer  mit 89,9 % der Stimmen und die Verteidigungsexpertin Angelika Beer mit 74,7 % der Stimmen als neue Parteispitze gewählt.
(Quelle: „Grüne verstoßen Parteispitze“ Handelsblatt vom 09.12.2002)

Hier wird also die Forderung nach Trennung von einem hohen Parteiamt (Mitglied im Bundesvorstand der Partei) und einem öffentlichem Mandat erhoben.


2. Eigene Bewertung:

Diese Forderung meines Erachtens sehr viel zu kurz!
Sie hat auch mit dem Gebot nach personeller und verfassungsmäßiger Trennung der staatlichen Gewalten nichts zu tun!
Das kann man u.a. daran erkennen, dass der „heimliche“ Vorsitzende der Partei, Joseph (genannt: Joschka) Fischer gleichzeitig Außenminister der Regierung ein hochrangiger Vertreter der Exekutive und gleichzeitig als Abgeordneter Vertreter der Legislative ist!
Auch der Umweltminister Jürgen Trittin ist gleichzeitig Abgeordneter und kassiert doppelt.

Nicht enthalten ist in Paragraf 14 der Satzung der Partei z.B. die Aussage:

       Wer gewählter Abgeordneter ist, darf nicht gleichzeitig Mitglied der Regierung (Minister oder Staatssekretär) sein!

Das wäre aber ein Gebot der Trennung der drei staatlichen Gewalten Legislative, Exekutive und Judikative!

Es geht also bei dieser Diskussion überhaupt nicht um die Trennung der drei staatlichen Gewalten!
Es geht es (leider nur) um die Verquickung von Parteiamt und öffentlichem Mandat!

Außerdem sollen noch die Paragrafen 21 und 22 der Satzung der Partei relevant sein!

Hinweis:
         Da ich keine Satzung der Partei besitze, kann ich das auch schlecht nachprüfen.

Außerdem ist der Paragraf 15 des Parteiengesetzes zu beachten und Artikel 21 des Grundgesetzes.
(Quelle: „Schockgefroren“, Handelsblatt vom 09.12.2002)